Wahlzeit ist Manipulationszeit: Wie Lobbyisten, Clickbait und Fans deinen Social Media Feed in der Wahlzeit beherrschen. Die „Dark Ad“-Strategien!
- ITGenossin
- 6. Nov. 2024
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 17. Feb.
Um zu verstehen, warum es wichtig ist, einige Monate vor den Wahlen vermehrt Informationen im Netz kritisch zu hinterfragen, ist ein genauer Blick auf das Phänomen von Falschinformationen und „Clickbaiting“ notwendig. In den letzten Jahren ist eine verstärkte Dynamik zu beobachten, die gezielt mit emotional aufgeladenen und oft verzerrten Erzählungen arbeitet. Diese Tendenz, vor allem in westlichen Demokratien wie den USA, hat das politische Klima stark beeinflusst und führt dazu, dass sich immer mehr Privatpersonen und Gruppen aktiv in diese Informationsverbreitung einmischen. Besonders zur Wahlzeit sind die Informationskanäle gesättigt mit Meinungen und Behauptungen, die oft nur der Unterhaltung oder der Meinungslenkung dienen.
1. Das Phänomen von „Clickbait“ im Wahlkontext
Clickbait bezeichnet Inhalte, die bewusst darauf abzielen, Aufmerksamkeit zu erregen, oft mit übertriebenen oder irreführenden Überschriften. Die Grundidee ist simpel: Eine anziehende Schlagzeile weckt Neugier und führt zu Klicks, die wiederum Einnahmen generieren. Wahlzeiten bieten besonders fruchtbaren Boden für diese Strategie, da politisch aufgeladene Themen großes Potenzial haben, starke Emotionen hervorzurufen und schnell viral zu gehen. Untersuchungen zeigen, dass gerade politische Desinformationen durch Algorithmen in sozialen Medien oft bevorzugt werden, da sie hohe Engagement-Raten erzielen.
Besonders in den USA ist diese Praxis weit verbreitet. Hier spielt neben den klassischen Medien auch eine Vielzahl von Influencern, Bloggern und politischen Aktivisten eine Rolle, die Wahlinformationen oder auch spekulative Inhalte verbreiten, die mehr darauf abzielen, zu „polarisieren“ als zu informieren. Studien belegen, dass viele dieser Inhalte gezielt produziert werden, um Nutzer zu binden und Werbeeinnahmen zu generieren. Diese „Marktstrategie der Meinungslenkung“ findet zunehmend auch in anderen Ländern Verbreitung und beeinflusst die politische Meinungsbildung weltweit.
2. Der „Fan- und Gruppen-Effekt“: Wahlen als Event
In den letzten Jahren hat sich eine Fan- und Groupie-Kultur entwickelt, die politische Akteure wie Superstars behandelt. Dies ist besonders in den USA sichtbar, wo Anhänger von Kandidaten ihre Unterstützung in extrem ausgeprägter Weise zeigen. Donald Trump und Joe Biden etwa, zwei der prominentesten Figuren in den letzten US-Wahlen, hatten große Anhängerschaften, die wie Fanclubs agierten und gezielt Inhalte produzierten und verbreiteten. Diese Inhalte sind oft auf einfache, emotional aufgeladene Botschaften reduziert, die sich für eine schnelle Verbreitung auf sozialen Medien eignen.
Diese Gruppendynamik wird zusätzlich von Lobbying- und Marketing-Strategien unterstützt. Unternehmen und Interessengruppen investieren gezielt in politische Werbung und Social-Media-Kampagnen, um bestimmte Kandidaten oder Ideen zu fördern, was durch die sogenannte „Dark Ad“-Strategie verstärkt wird. Diese gezielten Anzeigen werden oft nur einer spezifischen Zielgruppe angezeigt, was die Spaltung der Wählerschaft weiter verschärft. Eine Studie der University of Oxford zeigte, dass politische Gruppierungen im Jahr 2020 allein auf Facebook und Instagram fast 350 Millionen Dollar für solche zielgerichteten Anzeigen ausgaben.
3. Die Rolle von Lobbyismus und Marketing
Lobbyismus spielt eine zentrale Rolle darin, wie politische Informationen aufbereitet und verbreitet werden. Verschiedene Gruppen haben ein starkes Interesse daran, bestimmte Kandidaten zu unterstützen oder Gesetze zu beeinflussen. Diese Gruppen greifen auf fortgeschrittene Marketing-Techniken zurück, um Inhalte auf Social Media gezielt zu platzieren und bestimmte Erzählungen zu stärken oder zu schwächen. Politisches Marketing nutzt dabei oft Taktiken aus der Konsumwerbung, um die Wähler psychologisch zu beeinflussen. Dies erfolgt nicht selten durch das Schüren von Ängsten oder die Stärkung von bestimmten Vorurteilen.
Zusätzlich gibt es kommerziell orientierte Akteure, die sich durch die Schaltung von Clickbait-Wahlkampfartikeln und -Anzeigen finanziell bereichern. Ein Artikel der „New York Times“ analysierte, dass im Wahljahr 2020 eine Vielzahl an Webseiten speziell zu Wahlkampfthemen entstand, die Inhalte fast ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen erstellten – oftmals mit reißerischen, stark emotionalisierten Schlagzeilen.
4. Die Bedeutung der kritischen Reflexion vor Wahlen
Gerade sechs Monate vor einer Wahl, wenn die Intensität von Wahlwerbung und gezielten Kampagnen zunimmt, ist es wichtig, dass Bürger ihre Medienkompetenz stärken und die Quellen hinter Informationen hinterfragen. Untersuchungen zeigen, dass Nutzer, die sich regelmäßig kritisch mit verschiedenen Quellen auseinandersetzen, weniger anfällig für Desinformationen sind. Die Verbreitung von manipulativen oder einseitigen Inhalten zielt darauf ab, Unsicherheiten und Zweifel zu säen, die am Wahltag für eine gezielte Meinungslenkung sorgen sollen.
Abschließend lässt sich festhalten, dass Wahlkampfzeiten zunehmend zur Bühne für mediale Manipulation und emotionale Steuerung geworden sind. Es ist von großer Bedeutung, dass Bürger lernen, Medieninhalte kritisch zu hinterfragen und Fakten von Meinungen zu unterscheiden. Denn nur so kann die politische Entscheidungsfindung frei und informiert bleiben.







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